ich lass mich geh´n

ich bin so schrecklich anzuseh´n. und ich weiss das ist nicht schön.
ich lauf im bademantel rum, zieh´ mich zum schlafen nicht mal um.
in gummistiefeln, jeden tag. weil ich das anders gar nicht mag?
mein haar das baumelt hin und her, mein bart der wuchert kreuz und quer.
zu meiner schlampigen figur, trag´ ich die zott´lige frisur.
für´s duschen bin ich viel zu faul und stinke nicht nur aus dem maul.
wie ein clochard so seh´ ich aus und trau´ mich nicht mehr aus dem haus.
so wie ich ausseh´ jeden tag, ist es gut, dass mich niemand sehen mag.
ich lieg´ den ganzen tag im bett und finde es da so wirklich nett.
schlafen kann ich lange schon nicht mehr und das quält mich wirklich sehr.
bild´ ich mir etwa ernsthaft ein, das interessiert irgend ein schwein?
früher war ich lieb, vielleicht auch schön.
ich lass mich geh´n, ich lass mich geh´n.

ich bin so kritisch, jeden tag; dass ich mich selber nicht mehr mag.
ich trinke viel, von tag bis nacht, und hab´ mir dadurch mut gemacht,
um euch heut‘ endlich zu gesteh´n: ich will euch alle nicht mehr seh´n.
euer geschwätz so leer und dumm, ich habe angst, das bringt mich um.
ihr bringt mich nachts sogar im traum, auch ohne schlaf noch auf den baum,
tag und nacht denk‘ ich daran, ob das nicht anders werden kann.
weil ich euch gar nicht mehr versteh´ und allen auf die nerven geh´?
wenn ihr nur still wärt, das wär‘ schön.
ich lass mich geh´n, ich lass mich geh´n.
(ideengeber: charles aznavour)

11 Gedanken zu „ich lass mich geh´n

  1. Dein Gedicht spiegelt die Situation, den Zustand, die Leiden, die Sehnsüchte der pandemiegeplagten Menschen- drastisch, konkret und eigentlich wahrheitsgetreu!
    Die Natur zeigt uns aber, dass es immer einen Lichtblick gibt, der lohnenswert ist, sich aufzuraffen. Also beginnen wir damit.
    Schönen Sonntag
    lg Meggie

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