eu-afrikapolitik: deals mit diktatoren

Über Grenzen in Afrika und die Kultur der Abschottung: Seit der Flüchtlingskrise schottet Europa sich ab. Transitrouten werden blockiert, Grenzanlagen massiv ausgebaut. Auf dem Mittelmeer spielen sich dramatische Szenen ab, wenn Flüchtlinge in Seenot geraten.
Strenges Grenzregime
Deutschland und die EU wollen vor allem die Migration aus Afrika stoppen und spannen dafür die dortigen Machthaber ein. Sie sollen ihre Bürger daran hindern, nach Europa zu kommen. Dafür verspricht die EU ihnen Militär- und Wirtschaftshilfe in Milliardenhöhe.

Der Plan sieht zwei Phasen vor: Erstens sollen Ausreisewillige schon innerhalb Afrikas gestoppt werden. Dazu liefert die EU Technik, Material und Knowhow für ein strengeres Grenzregime. Sie bildet Polizei und Armee aus, um den Regierenden die Kontrolle über ihre notleidenden Bürger zu erleichtern. So werden libysche Grenzschützer in Italien geschult und Millionen in die Küstenwache investiert – mit der Folge, dass die Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in libyschen Lagern feststecken.

Zweitens sollen Investitionen Anreize fürs Dableiben schaffen. Die klassische Entwicklungshilfe wird an Bedingungen geknüpft und von der deutschen Regierung unter dem neuen Label „Bekämpfung von Fluchtursachen“ propagiert.

Die beiden Journalisten Simone Schlindwein und Christian Jakob beobachten seit Jahren die Afrikapolitik. Für ihr neues Buch haben sie die Folgen des Umdenkens analysiert. „Diktatoren als Türsteher Europas“ ist vor wenigen Wochen im Ch. Links Verlag erschienen. ttt hat mit den beiden Autoren gesprochen.

Folgen des Kolonialismus
„Die Welt globalisiert sich. Alles migriert. Handelsströme. Geldströme. Alles geht um die Welt. Nur die Afrikaner – die dürfen nicht mitspielen“, sagt Simone Schlindwein. Seit 2008 berichtet sie für die taz aus Afrika.

Dass in Europa die Angst vor afrikanischen Migranten besonders groß ist, obwohl sie nur einen Bruchteil der Flüchtlinge weltweit ausmachen, habe vor allem mit der Kolonialgeschichte zu tun, erläutert Christian Jakob. Seit der Kolonialzeit sehe man „Afrikaner grundsätzlich als Bedrohung oder als Gefahr für die europäische Zivilisation“.

Um dieser Angst zu begegnen, stärkt der Westen Diktatoren, statt Freiheitskämpfer zu unterstützen. Dieser Strategie fiel schon 1960 Patrice Lumumba, der erste Premier des unabhängigen Kongo, zum Opfer.

Fragwürdige Freunde
Auch heute fördert Europa Diktatoren, die wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen verfolgt werden. Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir war jahrelang international geächtet, weil er für den Völkermord in Darfur verantwortlich gemacht wird. Jetzt wird er als Verhandlungspartner hofiert und sein Land im Rahmen der Flüchtlingspartnerschaft mit Sicherheitstechnik ausgerüstet.

Auch Eritrea, wegen seines repressiven Systems als „afrikanisches Nordkorea“ verschrien, profitiert von der neuen Afrikapolitik und den Zusagen des deutschen Entwicklungsministers, die Rückkehrperspektiven für eritreische Flüchtlinge zu verbessern.

In der von Hungersnöten und Dürren geplagten Republik Niger hat die EU die Armee veranlasst, Flüchtlinge auf ihrer Transitroute zur libyschen Küste an den wenigen Wasserstellen zu stoppen – mit der Folge, dass viele die Route meiden und sich gefährlichere Wege durch die Sahara suchen.

Verlagerung der europäischen Außengrenzen nach Afrika
Das europäische Bemühen, innerhalb Afrikas die Grenzkontrollen zu verschärfen, erscheint umso absurder, als es, wie die beiden Autoren erläutern, völlig ignoriert, dass Migration in Afrika einen ganz anderen Stellenwert hat. Dort gilt sie als Entwicklungsmotor. Viele verlassen ihre Heimat, um anderswo Arbeit zu finden. Die innerkontinentalen Staatsgrenzen, einst von den Kolonialmächten auf dem Reißbrett gezogen, spielen für die meisten Afrikaner kaum eine Rolle.

Kein Wunder also, dass sich auf afrikanischer Seite die Frage stellt: „Was wollt ihr Europäer eigentlich? Geht’s euch darum, dafür zu sorgen, dass keiner von uns rüberkommt? Oder geht’s euch darum, uns zu helfen?“, meint Christian Jakob. Solange diese Frage unbeantwortet bleibt, seien die europäische und die deutsche Afrikapolitik zum Scheitern verurteilt. quelle: ttt

12 Gedanken zu „eu-afrikapolitik: deals mit diktatoren

  1. Es ist ganz entsetzlich und furchtbar, was da mit den Menschen passiert! Man kann sich sicher die Angst der Menschen auf den Flüchtlingsbooten nicht vorstellen. Es wird aber auch sicher so schnell keine Hilfe oder Lösung der Probleme geben, damit diese Menschen wieder in ihrer Heimat bleiben möchten. Dafür herrschen in der Weltpolitik zu viele scheinheilige, egoistische Interessen.
    Da ich mein ganzes Leben in Krankenhäusern gearbeitet und Menschen gepflegt habe, ehrenamtlich in der Pflege half, bis zu meiner Krebserkrankung 34 Jahre lang Blutspender war und als Knochenmarkspender eingetragen war, mein ohnehin karges Gehalt mit RK, Johanniter und Malteser geteilt habe etc. denke ich, daß meine Schuldigkeit den Menschen gegenüber erledigt ist. Ich bin kein großer Menschenfreund mehr, dafür mußte ich zu viel einstecken und mich auch von Migranten als Hure, Drecksau u.ä. beschimpfen lassen und bespucken lassen. Sogar ein Messer wurde mir an den Hals gehalten, als ich einem Flüchtling den Hintern gewischt habe. Unser Dienstarzt wurde zu Boden geschlagen und verletzt. Es waren keine Einzelfälle, deshalb ist meine Liebe zu diesen Menschen sehr geschrumpft und ich bin auch nicht mehr bereit, mich großartig zu engagieren. Natürlich werde ich jemanden, der mich um Hilfe ersucht, nicht abweisen!
    Aber meine Liebe und Sorge gehört den Tieren und für sie tue ich alles, was in meiner Macht steht. Auch wenn hier die Öffentlichkeit nicht so sehr mit der Nase auf deren, oft so grausames Schicksal, gestoßen wird. Wenn ich in die Augen meines Hundes sehe, dann werde ich dort nie Haß und Verachtung sehen, er wird mich nie enttäuschen und er wird mir nie ein Messer an den Hals halten. Er ist ein liebevolles Wesen und er ist bei uns ein vollwertiges Familienmitglied.

    Ich bekomme jetzt sicher Gegenwind, aber es stört mich inzwischen nicht mehr.

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