Die Zukunft des Essens – Richard David Precht und die Massentierhaltung:
Im Gespräch mit Richard David Precht erfährt „ttt“-Moderatorin Evelyn Fischer, warum wir Menschen uns mehr um die Seelen der Tiere kümmern sollten…
Evelyn Fischer: Herr Precht, glauben Sie, dass wir mehr Getrechtigkeit brauchen, damit der Kapitalismus nicht unsere Demokratie kaputt macht?
Richard David Precht: Ja selbstverständlich brauchen wir mehr Gerechtigkeit, das wird aber über den Weg der politischen Partei nicht passieren. Also die können das vielleicht einfordern, aber sie können es nicht durchsetzen und es zu Teil auch nicht umsetzten. Aber ich glaube, dass im Zuge der digitalen Revolution, der Veränderung der Arbeitsmärkte, Veränderung der sozialen Sicherungssysteme so viel passiert in unserer Gesellschaft, auch so viele Crashs ausgelöst werden, dass wir dann anschließen die Möglichkeit haben, neu darüber nachzudenken, aber eigentlich sollten wir mit der Arbeit jetzt schon anfangen.
Evelyn Fischer: Wir leben in einer Zeit mit vielen flüchtenden Menschen, in Europa gibt es Armut, es gibt Rechtspopulismus aller Orten, da schreiben Sie ein Buch über Tiere. Wäre es nicht wichtiger bei den Menschen zu bleiben und sich um die zu kümmern?
Richard David Precht: Moralischer Fortschritt entsteht nicht dadurch, dass ich eine Prioritätenliste mache. Dann müssten sich alle Menschen überall um das Gleiche kümmern, sondern es geht darum an vielen dicken Brettern gleichzeitig zu bohren. Außerdem gibt es einen ziemlichen Zusammenhang zwischen der Flüchtlingskrise und der Massentierhaltung. Mehr als die Hälfte des weltweit angebauten Getreides wird an Tiere verfüttert. Das sind alles Nahrungsmittel, die Menschen nicht zu Gute kommen. 80 % des Wassers in den Entwicklungsländern wird von Rindern weg gesoffen und wir haben über eine Milliarde Menschen, die viel zu wenig Wasser hat und von frischen Trinkwasser abgeschnitten ist. Also die Massentierhaltung muss auch aus ökologischen und ökonomischen Gründen abgeschafft werden – so, wie wir sie bisher betreiben. Und es gibt nichts an besserer Flüchtlingsprävention, als die Massentierhaltung abzuschaffen.
Evelyn Fischer: Was werden denn unsere Kinder einmal über unser Verhältnis zu den Tieren denken?
Richard David Precht: Wir werden in Naher Zukunft wahrscheinlich dazu kommen, dass wir Produkte herstellen, die genau wie Fleisch schmecken, aber keins sind. Da sind wir jetzt schon ganz weit. Und wir werden vermutlich durch die Vermehrung von Zellkulturen Fleisch herstellen können, für das kein Tier mehr hat sterben müssen. Also ich entnehme einem Rind Nackenzelle und vermehre das in Zellkultur und unsere Enkelkinder werden das vermutlich essen. Und die werden dann völlig den Kopf darüber schütteln, was wir an Massentierhaltung verbrochen haben, wie unsere Schlachthöfe ausgesehen haben und ich glaube, dass aus Schlachthöfen in der Generation meiner Enkel Gedenkstätten werden.
Evelyn Fischer: Sie soll denn unsere Zukunft mal aussehen, wenn wir alle keine Fleischesser mehr sind. Wie soll das vonstatten gehen? Also ich komme aus Thüringen, ich kann mir das nicht so wirklich vorstellen.
Richard David Precht: Ja, also ich glaube die Thüringer Rostbratwurst wird es vielleicht noch 20 Jahre geben, aber irgendwann wird die zellkultur-hergestellte Bratwurst besser schmecken. Ich kann den Fettgehalt sehr genauer bestimmen als bei einer normalen Bratwurst. Und wenn ich dann aufwachse als Kind damit, dass für diese Bratwurst ein Tier gestorben ist und für diese nicht, dann wird es auch die Thüringer Rostbratwurst sehr schwer haben und in 30 Jahren wird es sie nicht mehr geben. Aber die gleichen Leute, die sie jetzt herstellen, werden dann ihr Geld mit der Vermehrung von Zellkulturen verdienen. Der Beruf stirbt nicht aus, aber er wird umgeschult. quelle: daserste.de
„Tiere denken“: Wie sollen wir mit Tieren umgehen? Wir lieben und wir hassen, wir verzärteln und wir essen sie. Doch ist unser Umgang mit Tieren richtig und moralisch vertretbar? Richard David Precht untersucht mit Scharfsinn, Witz und Kenntnisreichtum quer durch alle Disziplinen die Strukturen unserer Denkmodelle. Ist der Mensch nicht auch ein Tier – und was trennt ihn dann von anderen Tieren? Welche Konsequenzen hat das für uns? Precht schlägt einen großen Bogen von der Evolution und Verhaltensforschung über Religion und Philosophie bis zur Rechtsprechung und zu unserem Verhalten im Alltag. Dürfen wir Tiere jagen und essen, sie in Käfige sperren und für Experimente benutzen? Am Ende dieses Streifzugs steht eine aufrüttelnde Bilanz. Ein Buch, das uns dazu anregt, Tiere neu zu denken und unser Verhalten zu ändern!
Das ist alles zwar schon wahr. Aber wenn bei einem Flugzeugabsturz nur bekannt gegeben wird wie viele Menschen gestorben sind und kein Wort über die Tiere verloren wird…ist da noch lange nichts erreicht.
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Nun – Zellkulturenfleisch — das finde ich auch eine gruselige Vorstellung. Treibt man so den Teufel mit dem Beelzebub aus?
Aber dass so bekannte und beliebte Personen wie der Precht ein solches Buch schreiben – vielleicht bringt das doch noch den einen oder anderen Leser (oder gerade Leserin – angeblich finden ihn viele Frauen attraktiv — mein Geschmack ist er jedenfalls nicht) zum Umdenken und später auch zu einer Verhaltensänderung. Wer weiß.
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Der Beitrag passt sehr gut zu dem mit dem „Sondermüll“ statt natürlichen Aromastoffen. Anders als Herr Precht, denke ich nicht an Fettzellen die demnächst verarbeitet werden, sondern die Tendenz geht mehr Richtung Genmanipulation in allen Bereichen und natürlich Imitation. Es ist ja nicht neu dass in Erdbeerjoghurt keine Erdbeere steckt. Man wird weiter Abfall verwenden denn die Gier kennt kein Ende.
Bedenklich finde ich auch das es bei Herrn Precht so klingt als ob die Massentierhaltung die einzige Fluchtursache ist. Da hat er aber großzügig die Augen zugedrückt.
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