In Ostdeutschland veröden die Böden und Dörfer
Udo Kutzke sitzt hinter seinem Schreibtisch und telefoniert. Auf den ersten Blick wirkt der Agraringenieur etwas raubeinig, aber er hört geduldig zu und antwortet wortgewandt. Der 63-Jährige gehört zu den viel kritisierten Ex-LPG-Kadern, denen etwa von ExpertInnen wie Eckehard Niemann vorgeworfen wird, sie hätten ihren Einfluss über das Ende der DDR hinausgerettet. Kutzke fechten solche Behauptungen nicht an. «Ja, ich war LPG-Vorsitzender, aber ich hatte kein Parteibuch. Nach der Wende wollte ich meine Funktion abgeben, aber keiner wollte sie übernehmen. Ich habe damals gesagt: ‹Gut, dann wandeln wir uns um.›» So wurde aus der LPG Tierproduktion in Küstrin-Kietz die Cüstriner Landgut GmbH. Ironie des Schicksals: Udo Kutzke stammt aus einem ehemaligen bäuerlichen Familienbetrieb. Seine Familie wurde 1956 im Zuge der «Kollektivierungsphase» enteignet; der Betrieb ging in eine LPG über.
Auf den 1500 Hektaren der Cüstriner Landgut GmbH wachsen Weizen, Raps und Sonnenblumen. An Tieren gibt es Hühner und Kühe. Dreizehn Angestellte arbeiten hier. Das Land Grabbing trifft auch Kutzke: Er ist alarmiert darüber, dass in den letzten Jahren immer mehr Grossinvestoren Ländereien kaufen. In seiner direkten Umgebung hat sich etwa die KTG Agrar mit Biogasanlagen und riesigen Maismonokulturen ausgebreitet. «Das ist ein börsennotiertes Unternehmen, da zählt nur das Geld.» Da achte keiner mehr auf geeignete Fruchtfolgen, und es bestehe die Gefahr, dass der Boden veröde. «Bei mir zählt es, Ökonomie und Natur in Einklang zu bringen, mit Abstrichen auf beiden Seiten. Aber ich kann die Natur nicht vergewaltigen, ich habe Verantwortung für den Boden.»
Auf die amtlichen BodenverwalterInnen der BVVG ist Udo Kutzke nicht gut zu sprechen. «Wenn meine Pachtverträge auslaufen, nennt mir das Katasteramt einen bestimmten Durchschnittspreis pro Hektare.» Er lehnt sich weit über den Schreibtisch, und seine Stimme klingt ärgerlich: «Die BVVG nennt mir aber den doppelten Preis des Katasteramts. Denn der Staat braucht Geld und hat die Gesetze so gestrickt, dass er mit dem Meistbietenden ins Geschäft kommt.» Auf diesen Vorwurf kontert die BVVG, dass sie bei Ausschreibungen grundsätzlich ortsansässige Bauern bevorzuge. Doch Kutzke kennt die Tricks: «Die Grossinvestoren schicken Landwirte als Strohmänner, pachten und kaufen dann das Land. Die BVVG weiss das, versteckt sich aber hinter ihren Regeln.»
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